"Die unangetastete patriarchale Struktur blockiert effektiven Schutz für Frauen und Kinder
Anita Heiliger
Vortrag auf der Tagung der Zentralen Informationsstelle der Autonomen Frauenhäuser: „Sicherheit hat Vorrang!“ an der FH Frankfurt am 27.2.2013
Sie haben es geschafft! Die Internetseite pappacom ist geschlossen! Die hier seit 16 Jahren erfolgten
- Angriffe auf Frauen und alle Instanzen, die sich für Frauen und Kinder einsetzen,
- Beratung von „Trennungsvätern“ zur rechtlichen und praktischen Durchsetzung ihrer Interes- sen gegen Frauen und Kinder,
- massive Leugnung von männlicher Gewalt und Umdrehung der Tatsachen als Gewalt von Frauen,
- Verbreitung falscher Informationen über die Bedeutung von Vätern für Kinder,
- offene Hetze gegen Frauen und gegen weibliche Emanzipationskonzepte,
- Leugnung von sexuellem Missbrauch, Unterstützung von Vätern, die trotz einschlägiger Hin weise auf körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegen die Frau Sorge- und Umgangs recht begehren,
- Förderung von Psychopathie, Gewaltstrukturen, Frauenfeindlichkeit, Missachtung kindli- cher Bedürfnisse usw.
All dies ist zumindest von der hyperaktiven Internetseite pappacom beendet und es ist klar, warum: es braucht dieses extreme Forum nicht mehr: Die Vaterrechtler haben ihre Ziele auf der ganzen Linie erreicht! Es ist ihnen gelungen,
- ein allgemeines gesellschaftliches Klima zu schaffen, das Müttern die Glaubwürdigkeit ab spricht, wenn sie Gewaltvorwürfe einbringen
- dass die physische und psychische Integrität und Gesundheit von Kindern kaum noch eine Rolle in Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten spielt
- dass es Fachkräfte, welcher Richtung auch immer, kaum noch wagen, gegen solche Väter vorzugehen und Mütter sowie Kinder konsequent zu unterstützen und zu schützen.
Die Etappen, in denen die gesellschaftliche Indoktrination durch die Vaterrechtsbewegung Schritt für Schritt umgesetzt wurden:
- Zunächst und allgemein die massive Entwertung von Müttern, die sich aus Beziehungen befreien und sich sowie ihr Kind vor Psychopathen und Gewalttätern schützen und den Kontakt ver-meiden wollen
- Dann mit durchschlagender Wirkung die These vom Missbrauch mit dem Miss brauch, als Frauen nach Trennungen begannen, Verdacht auf und Wissen über sexuellen Missbrauch an ihren Kindern zu äußern. Es folgte eine enge Kooperation von Vaterrechtlern mit Tätern und Täterschüt-zern zur Verhinderung der Aufdeckung sexueller Gewalt an Kindern und der Strafverfolgung der Täter bzw. zur Fortsetzung des Zugangs zu dem Kind und eine konzertierte Verunglimpfung der entspre-chenden Mütter. Da erwies sich der Transport der pseudowissenschaftlichen Theorie des PAS aus den USA als ein äußerst wirkmächtiges Mittel, die Frau der Manipulation des Kindes zu beschuldigen mit der Absicht, dem Kindsvater das Kind aus eigensüchtigen Gründen vorzuenthalten. Nachfolgend
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die entsprechenden Fortbildungen zu dieser nachweislich als Regelerscheinung falschen Konstruktion auf allen fachlichen Ebenen, wo die Theorie sich rasch verfestigte.
- Die nächste Etappe war das Andocken an die gesellschaftspolitischen Bemühungen um eine Beteiligung von Vätern an der Versorgungsarbeit von Kindern und die Selbstdarstellung der streiti-gen Väter als „neue Väter“, denen ungerechterweise die Kinder vorenthalten würden.
- Weiter ging es mit der Durchsetzung der Ideologie, der Vater schlechthin sei ein wesentli-cher, ja unabdingbarer Faktor für eine gesunde kindliche Entwicklung und daher müsse der Kontakt unter allen Umständen hergestellt bzw. aufrechterhalten werden.
Diese Etappen hatten trotz massiven Widerstands von seiten betroffener Mütter und ihrer Verbände durchschlagenden Erfolg: Nach ca. 10-jährigen Diskussionen, Planungen, Widersprüchen, Änderun-gen, wurde die Reform des Kindschaftsrechts von der SPD-Politikerin Margot von Renesse einge-bracht und 1998 verabschiedet mit der Realisierung der vaterrechtlichen Positionen: vor allem der gemeinsamen elterlichen Sorge als Regelfall ohne jegliche Verpflichtungen für die Väter, sich an allen familialen Belangen angemessen zu beteiligen und sich (mit den Frauen zu einigen.). Dass Väter nach der Reform mehr Bereitschaft zeigten, den Kindesunterhalt zu zahlen, wurde als großer Erfolg der Reform dargestellt (von den Kindern war gar nicht die Rede). Für die Frauen war diese höhere Be-reitschaft mit wachsenden Forderungen der Väter an sie verbunden, eine Gegenleistung zu erbringen im Zugang zu den Kindern nach ihren Interessen und Lebensumständen, an die Frauen sich halten sollten.
Mit diesem Gesetz wurde auch erstmals das Recht auf Kenntnis der „Abstammung“ formuliert mit der Priorität des biologischen gegenüber dem sozialen Vater in Übereinstimmung mit dem gleichzei-tigen Aufwind der Soziobiologie weltweit mit biologistischen Erklärungen z.B. für Geschlechterrollen und Gewalthandeln (Stichwort: Vergewaltigung ist natürlich…).
-es folgten in der Umsetzung des Gesetzes, dass der Kontakt beider Elternteile, faktisch gemeint des Vaters, zum Kind zum hohen Rechtsgut erklärt und in der Praxis als Recht des Vaters zum Umgang mit seinem Kind mit Kindeswohl gleichgesetzt wurde unter Missachtung der realen physischen und psychischen Bedürfnisse von Kindern.
Die Verallgemeinerung dieses Kindeswohl-Verständnisses beschäftigte seitdem alle an den Streitig-keiten beteiligten Instanzen, die einen im Widerstand, die anderen in der Übernahme.
Das faktische Vaterrecht wurde als Recht des Kindes deklariert und damit verdeckt. In den Verfah-ren wurde und wird immer wieder deutlich, dass es zur Pflicht des Kindes geworden ist, Umgang mit dem Vater zu haben, der gerichtlich auch gegen den Willen des Kindesdurchgesetzt wird.
-Das grundgesetzlich (§10 GG) verankerte Recht von Müttern auf gesellschaftlichen Schutz wird regelhaft ignoriert und gebeugt.
-unter der Flagge „neuer Vater“ gilt jeder Vater, der Sorge- und Umgangsrecht begehrt als unterstüt-zens- und schützenswert, denn er zeige auf diese Weise ja Interesse am Kind.
-mit dem Beschleunigungsgebot in der Gesetzesverschärfung von 2008 hat die Vaterrechtsbewe-gung schließlich erreicht, dass ihr ständiges und aggressives Leugnen von Männergewalt erfolgreich war: Gewalt als Hintergrund von Trennungen interessiert nicht mehr, Gewalttätigkeit und Psycho-terror von Männern verschwinden, es geht nur noch um den Vollzug des vaterrechtlichen Zugriffs auf Frauen und Kinder.
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-Mit ständigen Eingaben, Beschwerden, Forderungen an Institutionen wie Jugendamt und Justiz sowie die Politik unter weiterer Verbreitung der falschen Informationen und unter Erzeugung massi-ven Drucks werden die genannten Etappen erreicht.
- Eine Vielfalt von Initiativen wurden gegründet, gerne getarnt als Bürgerinitiativen, deren Namen ein Interesse an familialer Unterstützung suggerieren wie z.B. die sog „Bürgerinitiative Familienpoli-tik im Rechtsstaat“, die sich gezielt gegen das Gewaltschutzgesetz richtete, wie dort zu lesen war: „Sie dient dem Austausch von Informationen rund um das Thema Gewalt, dem Gesetzesvorhaben, Koordination von Aktionen, Kontaktaufbau zu Presse, Funk und Fernsehen, Ideenaustausch, um das Vorhaben zu stoppen“ (s. www.bifir.de)
-Fragwürdige Forschungsergebnisse mit kritikwürdigem methodischen Vorgehen wurden verbreitet, um negative Folgen eines mangelnden Vaterkontaktes für das Kind nachzuweisen1. M.W. hält keine dieser Studien einer objektiven wissenschaftlichen Überprüfung stand, wenn allein das Fehlen des Vaterkontaktes für „psych. Störungen“ verantwortlich gemacht werden unter Außerachtlassung der Gründe und Umstände für dieses „Fehlen“. Um zu zeigen, sich der Vaterkontakt auf das Kind aus-wirkt, heißt es z.B. in einem Artikel: „bis 2 Jahre: Kinder mit intensivem Kontakt zum Vater lernen schneller sprechen, können sich besser an ihre Umwelt anpassen und fremdeln weitaus weniger“. Erstaunlich angesichts der bekannten Kommunikationsschwierigkeiten von Männern/Vätern….
- Die Politik wurde permanent bombardiert mit Beschwerden und Forderungen (auch aus den eige-nen Reihen, den „Roten Vätern“). Der SPD wird z.B. in einem der zahlreichen öffentlichen Briefe vor-galten: „Ihre Familienpolitik ist bezeichnend für das große Hindernis einer nachhaltigen Gleichstel-lung: Man will Vater mehr in die Erziehungspflicht nehmen, ihnen aber die gleichen Rechte vorent-halten“ (s. WWW.vafk.de). Das Gegenteil ist ja der Fall, seit 1998 sind die Rechte der Väter gestärkt, Verpflichtungen eben nicht festgeschrieben – die ständige Kritik von Müttern und Mütterverbän-den…
Nun ist es auch noch gelungen, die Frauen die letzte Möglichkeit anzugehen, ihr Leben mit dem Kind, das sie 9 Monate ausgetragen und zur Welt gebracht haben, selbst zu bestimmen, die geS auch für Menschen, die nicht heiraten wollen. Darauf wurde von der Vaterrechtsbewegung lange hingearbei-tet, der Groll, dass Frauen selbst bestimmen können, wie und mit wem sie leben, war und ist offen-bar riesig. Nun ist die Selbstbestimmung als wichtigstes emanzipatorisches Ziel für Frauen auch bei nicht verheirateten Müttern ausgehebelt bzw. erschwert. Was können wir Frauen, die einen Kinder-wunsch haben, aber sich keinesfalls in Abhängigkeit und Fremdbestimmung begeben wollen, noch raten?
Interessant ist ja, dass durch all diese Maßnahmen immer weniger Anreize mehr bestehen, Kinder auf die Welt zu bringen außer für sich selbst…. Für das Bevölkerungswachstum sieht das nicht gut aus… Die Frauen bringen ja bereits weniger Kinder zur Welt, wie gerade beklagt wurde, aber die Gründe interessieren offenbar gar nicht. Kein Wunder auch, dass die familienpolitischen Maßnahmen keinen Effekt zeigen. Die nicht umgesetzte flächendeckende Kinderbetreuung ist mit Sicherheit nur ein Teil des Problems. Die komplette Entrechtung der Frauen im Falle einer Trennung und die massi-ven Eingriffe in ihre Selbstbestimmung werden öffentlich und politisch nicht zum Thema gemacht – sollte es aber!
1 Vgl. z.B. Horst Petri: Das Drama der Vaterentbehrung. 6. Aufl., Verlag Reinhardt 2009
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Während die Frau im Streitfall massiv in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt wird, urteilen Richte-rInnen, es sei ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Lebensgestaltung und das Persönlichkeits-recht des fordernden Vaters, wenn von ihm verlässliche Umgangskontakte, Rücksichtnahme auf die Lebensgestaltung der Mutter und zuverlässige Versorgung der Kinder erwartet werden.
-Auch die neueste Entwicklung wurde von den Vaterrechtlern freudig beklatscht: dass nun auch ein sog. „Samenspender“ (….) seine Anonymität verliert, wenn das sog. „Spenderkind“ es wünscht, doch das wird die Bevölkerungspolitik in noch größere Probleme mit der Reproduktion bringen: Eine wachsende Anzahl von Männern ist bekanntlich mittlerweile zeugungsunfähig!!! Interessant an die-sem Thema ist nebenbei die aktuell zum Ausdruck kommende hohe Bewertung des Samens, wie es z.B. die Klägerin ausdrückt: Sie möchte wissen, wem sie ihre Existenz verdankt. Das Sperma ist ja biologisch gar kein Samen, aus dem der neue Mensch wächst, sondern er gibt bekanntlich den An-stoß zur Zellteilung des weiblichen Eies und fügt Chromosomen hinzu. Die gesamte Leistung der Ent-stehung des Kindes im Körper der Frau mitsamt dem Risiko der Geburt und die intensive Versorgung des Säuglings kommt nun mal der Frau zu. Von Gleichwertigkeit der Leistung und daraus entstehen-der Ansprüche kann m.E. keine Rede sein, einer Gleichberechtigung fehlt hier die Basis.
Ganz anders nun, und gar nicht im Sinne der konservativen Vaterrechtler, wie auf ihren Seiten zu lesen ist: die neue Rechtsprechung, an aktueller gesellschaftlicher Entwicklung orientiert, für homo-sexuelle Lebenspartnerschaften, die rechtliche Anerkennung als Familie mitsamt der Zuerkennung von Adoptionsrechten. Aber es ist eben Adoption und bekanntlich bekommen Homosexuelle z.B. nur Kinder, die keine anderen Eltern wollen, müssen sich Kinder aus anderen Ländern besorgen. Handelt es sich aber um eine künstliche Befruchtung per „Samenspende“, da könnte es in Zukunft wohl auch anders aussehen?
Die biologistische Entwicklung im Kindschaftsrecht bar aller Kenntnisse bzw. Beachtung des realen Lebens mit Kindern und kindlicher Bedürfnisse sowie vor allem der Relevanz einer Person, die einem Kind kontinuierlich und verlässlich Sicherheit und Zuwendung gibt, hat den sozialen Vater in seiner positiven Bedeutung für ein Kind völlig unbedeutend werden lassen. Barbara Schwarz2 prognostiziert, in Zukunft werde vor allem aufgrund der Rechtsprechungen des EGMR, „eine Ausweitung des Um-gangsrechts auf den biologischen Vater auch bei Fehlen einer sozial-familiären Beziehung zu regeln sein“ 3. Dem biologischen („leiblichen“) Vater bei Fehlen einer sozial-familiären Beziehung den Um-gang zu versagen stelle einen Eingriff in das „Recht auf Achtung des Familienlebens“ dar. Der Bin-dungsbegriff, der mal eine wichtige Bedingung für Kindeswohl beschrieb, verkommt beim EGMR zu einer „natürlichen“ und „unveränderlichen“ Bindung zwischen dem biologischen Vater und dem Kind. Um das irgendwie mit dem nicht vorhandenen „Familienleben“ doch noch hinzukriegen, schafft der EGMR neue Zusammenhänge, es könne sich ja auch um ein „beabsichtiges Familienleben“ han-deln oder eine „potenzielle Beziehung“ entstehen. Im folgenden Urteil benutzt er sogar die reale Vielfalt von Familienformen, um dem Begriff der sozial-familiären Beziehung gänzlich ausweichen zu können. Es hätte eben keine der mittlerweile existierenden Familienformen einen unbedingten Schutzanspruch, es entscheide das Kindeswohl …..
2 Barbara Schwarz: Die Verfestigung der biologischen Abstammung als familienrechtliches Ordnungsprinzip, in: STREIT 2/2012, S. 51-63
3 Ebd. S. 53
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Die Front gegen die sozial-familiäre Familie drückt sich z.B. in folgendem Kommentar aus:“ Warum sollte die Mutter das Recht haben einen ihr genehmen Vater auszuwählen und den wirklichen Vater zu verdrängen?“, Kommentar von Rauscher, der sich schon andern Orts antiemanzipatorisch und frauenfeindlich geäußert hat, z.B. : wo kämen wir denn da hin, wenn die Frau sich selbst verwirkli-chen möchte?....
„Abstammungsorientierte Regelungen“, erläutert Barbara Schwarz, „werden im Wesentlichen auf 2 Begründungszusammenhänge gestützt: auf die Herstellung der formalen Geschlechtergleichheit und auf das Kindeswohl“4. Angesichts der stetig anwachsenden Zahl von Frauen, die es vorziehen, allein mit ihrem Kind oder zusammen mit einem passenden Partner zu leben, kann die Forderung nach Gleichstellung der Rechte ehelicher und nichtehelicher Kinder und damit der rechtliche Zugang des ne Vaters zu dem Kind, die rechtl. Gleichstellung der „Eltern“….einen dramatischen frauenpolitischen Rückschritt bedeuten. Faktisch bedeutet das, die Selbstbestimmung der Frauen über ihr Leben mit dem Kind zu beenden. Statt Stützung und Kooperation Kontrolle und Macht via Einforderung von Rechten. Viele Mütter hatten vor der Kindschaftsrechtsreform 1998 bekanntlich gehofft, die Väter würden durch die Zuteilung der geS mehr Interesse und tatsächliche Sorge für das Kind entwickeln und wehrten sich nicht kollektiv dagegen. Heute wissen es viele besser, aber das Muster der Hoff-nung auf eine Wende zum Guten setzt sich dennoch immer weiter fort…
Die politische Durchsetzung aller dieser Forderungen fand bekanntlich statt vor dem Hintergrund dieser Hoffnungen und der konstruierten Ideologie des „Neuen Vaters“, die die Vaterrechtsbewe-gung ständig auf ihre Fahnen schrieb und damit die Wahrnehmung der Realität vernebelte nach dem Motto: ich möchte ja so gerne, aber sie lässt mich nicht! Statt sich ganz einfach real an der Sorge zu beteiligen. Die massive Entwertung der Müttern nahm immer mehr an Fahrt auf und die komplette Unsichtbarmachung ihrer Arbeit für das Kind, der Schaffung von Lebensumständen, unter denen sich das Kind trotz des Streits, der mangelnden Unterstützung und oft unendlichem Stress` positiv entwi-ckeln kann, eben am realen Wohl des Kindes orientiert. Für die Männer in diesen Streits, die gegen die Frauen kämpfen, geht es eben um Rechte und Verfügungsmacht, sowie , wie Barbara Drinck5 vermutet,um „wahre männliche Identität“, die die männliche Sozialisation ihnen immer noch ver-spricht, aber nicht einlösen kann. Immer noch existiert kein gesellschaftlicher/politischer Wille, sich von patriarchaler Männlichkeit konsequent zu verabschieden, eher sind wir zur Zeit weiter denn je davon entfernt. Der Graben zwischen den Geschlechtern ist tiefer geworden, die Solidarität unter Frauen rarer.
Wir erleben, dass es in hohem Maße auch Frauen sind, die auf der fachlichen Ebene die neuen (ei-gentlich alten) Ideologien umsetzen und oft keinerlei Skrupel haben, Kinder und ihre Mütter nach-weislich schädlichen Bedingungen auszusetzen und den Schutzgedanken (und ihre eigene Schutzauf-gabe) völlig fallen lassen! Der ursprüngliche Kindeswohlbegriff wird missbraucht zur Umsetzung va-terrechtlicher Interessen. Der Begriff suggeriert, nur Gutes tun zu wollen, in der Praxis aber dient er eben der Durchsetzung patriarchaler Bestimmungsmacht über die Mutterfamilie, die unter immen-sen Druck gerät und unvertretbaren Einschränkungen und Zumutungen ausgesetzt ist.
4 Ebd. S. 55
5 Barbara Drinck: Vätertheorien. Geschichte und Perspektiven, Opladen 2005
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Heute ist gar nicht mehr daran zu denken, Väter in die Sorgepflicht zu nehmen, das Gesetz hat sie quasi pauschal freigestellt, unter Berufung auf ihr Persönlichkeitsrecht sogar von der Wahrnehmung des Umgangs.: „ Der durch Zwangsmittelandrohung bewirkte Eingriff in das Grundrecht des Eltern-teils auf Schutz der Persönlichkeit ist insofern nicht gerechtfertigt es sei denn, es gibt im Einzelfall hinreichend Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass ein erzwungener Umgang dem Kindes-wohl dienen wird“ (BVerfG 1.4.2008). Wie kann es sein, dass ausschließlich das Persönlichkeitsrecht des biologischen Vaters geschützt wird, aber massive Persönlichkeitsverletzungen an Kindern und Müttern verübt und psychische wie physische Folgeschäden in Kauf genommen werden.? Unter Be-rufung auf die rechtlich verankerte geS, die angeblich an sich schon dem Kindeswohl am besten ent-spreche, in der Realität aber nur dem Vater volle Dispositionsfreiheit geben, Müttern aber den Zwang und Kindern den Dauerstress.
Wann platzt dieser Knoten eigentlich?
Wo sind die RichterInnen, die noch vor 10 Jahren vernünftig urteilten, vom realen Leben mit Kindern ausgehend, am Kinderschutz orientiert, mit Respekt vor Frauen, die Kinder rund um die Uhr versor-gen? Warum überlassen die meisten das Feld von Definition und Recht vaterrechtlich orientierten KollegInnen? Wie wollen die „Fachkräfte und ExpertInnen“ in Institutionen vor sich selbst und der Gesellschaft rechtfertigen, auf Frauen und Kinder derartigen Zwang und Druck auszuüben, einen Kontakt geschehen zu lassen, den sie nicht wollen und der ihnen schadet? Empfinden Männer einen derart dramatischen Bedeutungsverlust, dass sie sich mit den gelernten und ihnen gesellschaftlich noch immer zugestandenen Mitteln von Zwang und Gewalt zum Herrscher über Frau und Kind auf-schwingen müssen – wenigstens nach der Trennung?? Gibt ihnen die komplette Leugnung der Leis-tung von Gebären und Versorgen von Kindern und deren massive Unterdrückung ein Gefühl von Männlichkeit zurück?
Das Paradoxe an dem ganzen Drama der rechtlichen Dominanz des Vaters gegen Mütter und Kinder ist ja auch noch, dass dem die wissenschaftliche Legitimation fehlt, zu der der „Gesetzgeber“ aber verpflichtet ist!! Es ist weder erwiesen, dass der Vater eine solche unverzichtbare Bedeutung für ein Kind hat selbst ohne es zu kennen und ohne sich um es zu gekümmert zu haben (s.o.), noch ist es erwiesen, dass die geS notwendig oder überhaupt an sich positiv für Kinder ist und die Kinder bei Alleinerziehenden – in der Regel die Frauen – benachteiligt sind (vgl. Kerima Kostka 20046). Dass selbst Fthenakis, der seit den 80er Jahren die Väterideologie maßgeblich verbreitet und gestützt hat sowie die geS von vorneherein angestrebt hatte (siehe: „Der Vater“ 1982) und sie in Beratung von Politik, Rechtssystemen, Sozialarbeit und Psychologie beworben und letztlich durchgesetzt hat und der außerdem in seinen familienrechtlichen Gutachten u.a. die berüchtigte Einstellung vertreten hat, ein missbrauchtes Kind brauche weiterhin Kontakt mit dem Vater, um ihn auch anders erleben zu können??? Gibt es etwas Unsinnigeres und von Unkenntnis der Täterstrategien und der Ausgeliefert-heit der Opfer Strotzenderes???? Doch selbst der ist also nicht davon überzeugt, dass die geS grund-sätzlich positiv für ein Kind ist. „der juristische Sorgerechtsstatus (ist) an und für sich nicht in signifi-kanter Weise mit der elterlichen Beziehung oder mit der kindlichen Anpassung verknüpft.“ (Fthenakis 2008, S. 63, bei Schwarz 2012, 58).
6 Kerima Kostka: Im Interesse des Kindes?, Frankfurt a.M. 2004
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Die umfangreiche Studie zur psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Robert-Koch-Institut7 zeigt, dass die Familienform nicht für die psychische Gesundheit des Kindes entschei-dend ist, und dass „unvollständige“ Familien kein höheres Risiko für ein Kind bedeuten, sondern dass Armut den Hauptrisikofaktor darstelle. Angesichts dieses Ergebnisses ist die derzeitige Rechtslage und Rechtspraxis schon deshalb untragbar, weil sie gerade die Verarmung von Müttern fördert und bewirkt. In zahlreichen Fällen, sind die Frauen nach einer Trennung von den Kindsvätern regelrecht in die Armut getrieben worden. Systematisch wird ihnen Geld, das ihnen zusteht, entzogen/verweigert, Eigentum vorenthalten, die Frauen werden für Darlehen herangezogen, die sie für den oder mit dem Mann in gutem Glauben unterschrieben haben. Die Frauen setzen u.U. ihr ganzes Vermögen dafür ein, die Prozesse bezahlen zu können, was in der Regel ohne Einspringen der Herkunftsfamilie oder eines neuen Partners nicht reicht. Zunehmend besser ausgebildete Frauen können wegen Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten ihrer Erwerbsarbeit nicht mehr nachgehen, weil sie das Kind versorgen müssen und wollen und alles daran setzen, das Kind vor Attacken des Vaters zu schützen und es nach problematischen Umgängen physisch und psychisch wieder aufzurichten. Sie werden selbst krank in der Situation des Zwangs, der Drohungen, der Missachtung durch Behörden und Gerichte, der Sorge- um das Kind und die materielle Existenz der Familie.
Doch statt auf die Ergebnisse dieser Studie Bezug zu nehmen, die die störenden Auswirkungen von Armut auf die Kinder betont, verweisen das BVerfG 2010 und das BMJFG 2012 auf eine Befragung die von den VerfasserInnen selbst „als nicht wissenschaftlich valide angesehen wird“ (BT-Drucksache 16/10047 v. 25.7.2008), da hier ausschließlich die Väter befragt wurden. Dennoch wird diese Studie als Beleg dafür angesehen, dass sich Mütter aus nicht kindeswohlrelevanten Gründen gegen eine geS entscheiden würden – eben die Sicht der Väter!
Barbara Schwarz resumiert: „Der Staat will ein Erziehungsideal durchsetzen, wonach einzelne Eltern, in der Regel Frauen, zu Einstellungen und Handlungen verpflichtet werden, die ihre Selbstbestim-mung einschränken. Die Legitimation erfolgt durch eine nicht wissenschaftlich belegbare, quasi na-turrechtsbezogene Annahme, dass Kinder beide Eltern bräuchten und dass die Präsenz beider Eltern im Prozess des Aufwachsens grundlegend für das Kindeswohl sei. Die sich daraus ergebenden Ver-pflichtungen, Einvernehmen herzustellen und zu halten, passen in neue begründete Herrschaftsan-sprüche und neue Formen von Herrschaft. Die Wahlfreiheit von Lebensmöglichkeiten (wird für Müt-ter) aufgehoben“ (ebd. 61). Die Rechte von Kindern und Jugendlichen spielen dabei nicht wirklich eine Rolle, ihre Bedürfnisse und Lebensumstände interessieren nicht, ihnen wird ein „natürliches Bedürfnis“ nach seinen leiblichen Eltern unterstellt. Für Frauen bedeuten all diese Entwicklungen „einen Rückschritt auf dem Weg zur Emanzipation von Frauen aus patriarchalen Abhängigkeiten“ 8.
Es ist nicht hinnehmbar, dass Sorge- und Umgangsrecht begehrende Väter keinerlei Bedingungen erfüllen, keine Beziehungs- und Erziehungsfähigkeit unter Beweis stellen müssen, während die Ge-richte schnell dabei sind, Müttern wegen unterstellter psychischer Probleme die Erziehungsfähigkeit abzusprechen (die sie ja zur Genüge unter Beweis gestellt haben….) und im Zuge solcher Attacken ihnen mit dem Entzug des Sorgerechts und der Kinder drohen bzw. diese Drohung durchaus auch umsetzen!
7 Erhart, M./Hölling H./Ravens-Sieberer, U./Schlack, R.: Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey, Robert-Koch-Institut Berlin, www.kiggs.de, 2007
8 Barbara Schwarz a.a.O., S. 62
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In bezug auf frauenpolitisches Handeln im Interesse von Frauen und Kindern stellt Jutta Bahr-Jendges9 fest: „Der feministische Anschub hat derzeit seine Grenze in der Wirklichkeit gefunden, die die alten Muster festhält“. Die patr. Struktur regeneriert sich ständig neu, dem Feminismus ist es nicht gelungen, sie zu knacken, immer wieder ist er auf halbem Wege stehen geblieben, wenn Erfolge zu verzeichnen waren, die jeweils rasch und zu früh in Richtung der Lösung des gesellschaftlichen Problems der Männerherrschaft interpetiert wurden (in Selbstüberschätzung und mit grundlegen-dem Mangel an Bereitschaft zu Radikalität). Die Rhetorik der Gleichheit bzw. Gleichberechtigung der Geschlechter wird jeweils integriert in die neuen Strategien der Machterhaltung. Die Väter forderten gleiche Rechte am Kind, über die Frauen nur eine kurze historische Phase verfügten. Die Forderungen verstanden und verstehen sich ohne Gegenleistungen, ohne die Erfüllung von Voraussetzungen, die zu adäquatem Umgang mit Kindern befähigen. „Die Gleichheit der Rechtsform täuscht und täuscht vor“, meint Jutta Bahr-Jendges10, „Vorgetäuscht wird, dass das Familienrecht als Ordnungsfaktor nun von einem Modell gescheiterter Beziehungen und scheiternder Kommunikation ausgeht und sozusa-gen als „Blaupause“ das Ideal fortbestehender Beziehungen und vernünftiger Kommunikation zeich-net, deren Grund entfallen ist“. Sie identizifiert das patriarchale Herrschaftssystem als auf Eigentum und Besitz basierend und sie stellt infrage, ob die Teilhabe Gleichstellung hier die Machtverhältnisse verändern kann „zumal sie nach männlichen Werten zu erreichen ist“11. Derzeit sieht sie „keine Chance für den ´weiblichen Widerstand`, den rechtlich verfestigten Strukturen zu entkommen, es sei denn sie würden zur Explosion gebracht“12.
9 Jutta Bahr-Jendges: Elterliche Sorge – Phänomen einer Kopfgeburt – Privateigentum und Besitz im modernen Patriarchat, in: Streit 1/2012, S. 13-19
10 Ebd. S. 16
11 Ebd. S. 17
12 Ebd."